Horkheimer und Adorno: Offene oder negative Dialektik?
DOI:
https://doi.org/10.26248/ariadne.v13i0.949Abstract
IM Zentrum der Untersuchung liegen die Protokolle der Diskussionen über materialistische Dialektik, die Horkheimer und Adorno Ende der ’30er und Anfang der ’40er Jahre als Vorbereitung zu einer gemeinsamen Schrift über dieses Thema führten. Man kann hier eine Wende im Denken Horkheimers feststellen, die mit der Preisgabe seiner ursprünglichen Konzeption der “offenen” oder “unabgeschlossenen” Dialektik und der Annäherung zur Position Adornos über “negative Dialektik” zu tun hat. Die Protokolle dokumentieren zwei zentrale Gegenargumente von Adorno: Möchte man die idealistische Dialektik von Hegel transzendieren, so genügt es nicht die dialektische Bewegung des Denkens als unabgeschlossen zu betrachten, sondern man muss auch die “Zubereitung” des Materials hin zum Endziel der Identität thematisieren und kritisieren. Dieser Unterschied hängt mit einem weiteren zusammen: Während der ’30er Jahre zielte Horkheimer auf eine dialektische Theorie der kapitalistischen Gesellschaft ab, die sich auf eine philosophisch geleitete interdisziplinäre Forschung stützen würde. Das dialektische Verhältnis von Philosophie und Sozialwissenschaften rekonstruierte er anhand der Hegelschen Unterscheidung zwischen Vernunft und Verstand. Mit der Übernahme dieses Denkmotivs nahm er aber, so Adorno, die Ergebnisse der konventionellen Wissenschaften als “Gegebenheiten”, als theorieunabhängige Daten, die nur noch auf die richtige Stelle im Rahmen einer holistischen Theorie platziert werden müssen. Horkheimer teilte also die erkenntniskritische Naivität des Positivismus, der die Dependenz der “Fakten” vom gesamten theoretischen System ausblendet. Offensichtlich wurde diese Kritik von Horkheimer akzeptiert, was zur radikalen Kritik des begrifflichen Denkens überhaupt führte, die dann im gemeinsamen Werk von ihm und Adorno, in der Dialektik der Aufklärung (1944), entwickelt wurde.
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